Tatort "Grabenkämpfe", 2010



Sender: SWR, Prod.: Maran

Buch: Stefan Cantz & Jan Hinter

Kamera: Jürgen Carle, Schnitt: Katja Habermehl-Fuchs

Darsteller: Richy Müller, Felix Klare, Hans Löw, Jasmin Gerat, Guntbert Warns, Rüdiger Vogler u.v.a.

Kommissar Lannert (Richy Müller) kommt nach einem langen Arbeitstag nach Hause und hat so gar keine Lust, seiner Nachbarin noch beim Regale aufbauen zu helfen.

Teamfoto vor dem Hauptmotiv, den Stuttgarter "Wagenhallen"

Eine immer wiederkehrende Erfahrung: Stuntleute und Pyrotechniker schießen gerne übers Ziel hinaus

Rüdiger Vogler. Von Natur aus skeptisch, oder schon ganz in der Rolle?

Die Regie-Praktikantin.

Richy Müller am Steadycam. 

Josef Seitz im FOCUS-Online am 26.4.2011:


Der Mörder ist diesmal der Schwule – oder wie heißt das politisch korrekt?  „Tatort“-Höhepunkt zum Abschluss der Oster-Krimi-Fernsehclub-Trilogie.


Am Ostermontag, feiertagsbedingt mit einem Tag Verspätung, traten die Stuttgarter Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) zur Ehrenrettung des deutschen Fernsehkrimis an. Sie boten auf: Einen GröBaZ, als den größten Bauunternehmer aller Zeiten: Investor Rühle (knorrig wie Heiner Geißler: Rüdiger Vogler). Das gibt schon mal einen grundpolitischen Anklang vor in einer Stadt, die sich so schwer tut, ihren Bahnhof zu vergraben oder zu begraben, je nach persönlicher Vorliebe.


Da stehen sie nun also mittendrin, statt nur dabei, die Herren Hauptkommissare. Zu Beginn besuchen sie ein Rockkonzert an einem Veranstaltungsort, der den GröBaZ-Bauplänen im Weg steht. Das ist die eine Seite. Die andere Seite: Sebastian Bootz, der Familienkommissar, träumt von der Eigentumswohnung in der neuen Rühle-Anlage, ökologisch vom Keller bis zum Dach und dazu mit dem integrierten Kindergarten, der Kommissar-Kind Nummer 3 aufnehmen könnte. Zu Beginn wirkt die Geschichte arg konstruiert, als Bootz dann auch noch auf einen Freund aus alten Schultagen trifft (überzeugend doppelbödig: Hans Löw). Der ist jetzt Jurist für den Bau-Investor, wie er selbst sagt: „Leibeigener bis Büroschluss“, und gerne bereit, günstig einen Kredit zu organisieren.


Der Zuschauer lernt eine mazedonische Kickboxerin kennen, leidenschaftlich genug, auch den eigenen Mann zu schlagen. Er begegnet einem sehr schwulen Yoga-Lehrer, sehr sanft im Knüpfen zwischenmenschlicher Bande zu Hauptkommissar Lannert und kunstpraktischer Bande zum Investor Rühe, der eine 15-Millionen-Kunstsammlung zu vermachen hätte. Er trifft auf einen Rechtsmediziner, der nach einem Kongress seinen Kater bejammert – und den Rechtsmediziner-Kollegen aus Münster, der die halbe Nacht mit seinen Schwadronaden an der Hotelbar genervt hat.


Die Randgeschichten sind „Tatort“-typisch hübsch hingetupft. Besonders gelungen ist Kommissar Lannerts hübsche Nachbarin. Ihr soll er als Running Gag behilflich sein, einen Schrank aufzubauen. Das scheitert zunächst wegen des Mordes am Mann der Kickboxerin. Dann daran, dass Lannert sehr unfrisch aus der Rechtsmedizin zurückkehrt und die Kleider nun mal nach Leiche riechen. Und als Lannert zusammen mit Kollege Bootz und gezücktem Akku-Schrauber die Wohnung stürmt, steht der Verdächtige, der sich zuletzt noch im braunen Pappkarton getarnt hatte, bereits zusammengebaut an der Wand.


Schräg und schön – und der Krimifall mit Mord aus enttäuschter Schwulen-Liebe (oder wie heißt das politisch korrekt? Grübeln auch die Kommissare) plus Vater-Sohn-Drama zwischen dem Bau-Investor und seinem Juristen bleibt trotzdem auserzählt. So schlecht ist „Tatort“ auch heute nicht, wenn es ihm nur gelingt, auf allzu viel Sozialarbeiter-Romantik zu verzichten. Ganz im Gegenteil: Saubere Arbeit im sauberen Schwabenländle!